Besuche in Höxter

Meine Besuche der St. Nikolai-Kirche in Höxter

Bei meinen Studien zu unserer Familiengeschichte habe ich mich u. a. mit der Beantwortung folgender Fragen beschäftigt: Wie ist unser berühmter Vorfahre Pater Vitus Georg Tönnemann (Thönemann) SJ (* 1659, † 1740), Stifter der beiden sakralen Gegenstände Monstranz und Kelch, zu seinem Vornamen Vitus gekommen und woher stammt dieser Vorname?

Um Antworten auf meine Fragen zu bekommen, nahm ich im Winter 2000/2001 Kontakt mit dem Pfarrer der St. Nikolai-Kirche in Höxter auf. Dies ist Herr Pfarrdechant Rudolf Graefenstein, ein sehr hilfsbereiter und aufgeschlossener Geistlicher mit einem profunden Wissen, der mir in zwei ausführlichen, sehr persönlichen Gesprächen wertvolle Hinweise zur Herkunft und Deutung des Vornamens unseres Vorfahren gegeben hat.

Sowohl in dem Buch von Bernd Thonemann „Die Familiengeschichte Thonemann von 1275 bis heute 1995″, als auch in dem Buch von Wilhelm Thöne „Geschichte der Familie Thöne – Warburger Stammes – 1282 bis 1938″ steht der Vorname Georg immer zusammen mit Vitus (Vitus zuerst). Den (zweiten) Vornamen Georg hat er laut dieser beiden Autoren von seinem väterlichen Großvater Georg Thöne.

Der Name Vitus ist weder in der Familie des Vaters noch in der der Mutter zu finden, auch haben seine Brüder keinen Vornamen dieser Art.

Nach Rücksprache mit Frau Dr. Rita Haub M.A., Archivleiterin im Archivum Monacense SJ der Jesuiten in München, ist es auszuschließen, dass Vitus Georg den Vornamen bei Eintritt in den Orden angenommen hat, weil „… Jesuiten nie einen Ordensnamen annehmen, sondern immer ihren bürgerlichen Namen behalten.”.

Wie kam dann Pater Vitus Georg zu diesem besonderen Vornamen Vitus, eines heiligen Märtyrers aus dem 2. Jahrhundert nach Christi Geburt?

Im Jahre 836 ließ Kaiser Ludwig der Fromme die Gebeine des heiligen Vitus (auch Veit genannt) aus der Grabeskirche der französischen Könige in Saint-Denis bei Paris zur einflußreichsten Abtei seiner Zeit, der Benediktinerabtei Corvey, 2 km südlich von Höxter (villa Huxori), überführen. Dadurch wurde der hl. Vitus Patron von Corvey.

Der Vater von Pater Vitus Georg, Dr. jur. Heinrich Thönemann, war Rat des Bischofs Bernhard von Galen, der als Administrator die Fürstabtei Corvey regierte und sie zu neuem Glanz führte.

Nachgewiesen ist, dass die Familie von Dr. Thönemann zu dieser Zeit in Höxter lebte, wo auch der katholisch getaufte Vitus Georg aufwuchs. „Am 22.05.1664 belehnt ihn (den Vater) der Landesherr zusammen mit seinen Söhnen Arnold, Bernhard, Hermann, Vitus Georg und Franz mit einem adeligen Lehngute zu Höxter, gelegen zwischen der „Grove” und der Stadtmauer am Claustore, …” (aus „Geschichte der Familie Thöne – Warburger Stammes – 1282 bis 1938″ von Wilhelm Thöne).

Vielleicht ist durch die berufliche Tätigkeit des Vaters der Wunsch in der Familie gewachsen, einem der Kinder einen besonderen Vornamen zu geben, so dass durch die Namensgebung auch nach außen die starke Verbindung zum Geist von Corvey sichtbar wurde.

Herr Pfarrdechant Graefenstein vermutete, dass der Vater, durch den ersten Vornamen Vitus seines Sohnes Georg, seine Liebe zu Corvey Ausdruck verleihen wollte.

Es ist anzunehmen, dass der junge Vitus Georg durch den väterlichen Beruf und der nicht nur räumlichen Nähe zu Corvey früh mit der Abtei und ihrer ehemaligen großen Bedeutung für das geistliche Leben im Reich in Berührung kam. Schon hier müssen die Wurzeln für die starke und dauerhafte Bindung zu seinem Namenspatron, dem hl. Vitus, gelegt worden sein.

Seine Hinwendung zu Corvey und damit zum dortigen Patron, dem hl. Vitus, wird durch die Medaillen im Fuß der beiden Geschenke an seine Heimatkirche St. Nikolai in Höxter deutlich. Sowohl beim Kelch als auch bei der Monstranz ließ Pater Vitus Georg Medaillen vom hl. Vitus einarbeiten.

Die St. Nikolai-Kirche war, nach der Reformation im 16. Jahrhundert, die einzige katholische Kirche in der Umgebung von Höxter. So ist davon auszugehen, dass für Familie Thönemann die Nikolai-Kirche die Heimatkirche war. Die Marien-Kirche gehörte zu dieser Zeit den Minoriten.

Pater Vitus Georg fühlte sich auch in der Zeit am kaiserliche Hofe in Wien seiner alten Heimatkirche in Höxter sehr verbunden, die gerade in dieser schweren Zeit für jede Unterstützung dankbar war. Dies ist daran zu erkennen, dass er ihr eine reich verzierte Monstranz und einen wunderschönen Kelch zum Geschenk machte. Diese Verbundenheit ist besonders sichtbar an der Monstranz. Hier ist eine der vier Medaillen dem hl. Nikolaus gewidmet, dem Schutzpatron der St. Nikolai-Kirche. Auch in der Eingravierung an der Unterseite ist dies ablesbar. Sie lautet: „Vitus Georgius Tönneman, Priester der Gesellschaft Jesu, schenkte der Kirche zum heiligen Nikolaus in Höxter (diese Monstranz). Sie mögen an ihn denken bei allem geistigen Segen”, d. h. beim Segnen mit der Monstranz.

Geschichte der St. Nikolai-Kirche in Höxter

Die alte Nikolai-Kirche in Höxter (villa Huxori) wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet. Die spätere Stadtmauer wurde so an die Kirche gebaut, dass die nördliche Außenwand einen Teil der Stadtbefestigung und der Kirchturm gleichzeitig das nördliche Stadttor (Klaustor) bildeten. Trotz dürftiger archivalischer und sonstiger Unterlagen wird aber angenommen, dass es sich wohl um ein einschiffiges massives Gotteshaus mit Holzbalkendecke, östlich angebauter halbrunder Apsis, Orgelempore und mindestens dreigeschossigem Turm handelte.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Unterhaltung der St. Nikolai-Kirche zunehmend aufwendiger und war für die Kirchengemeinde zuletzt kaum noch zu erbringen. In den letzten Jahren vor ihrem Abriß (1767/1768) bestand sogar Einsturzgefahr der Dachkonstruktion.

Aus diesem Gründen entschloß man sich Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem Kirchenneubau. Dem Wunsch nach zentralerer Lage des Gebäudes konnte durch Ankäufe von Gelände mit überkommenen, jedoch abhängigen Bauten direkt am heutigen Marktplatz entsprochen werde. Der alte Standort wurde aufgegeben.

Bevor die neue Kirche gebaut und die alte abgerissen werden konnte, war der Kirchengemeinde eine Phase der finanziellen Konsolidierung auferlegt, welche jedoch nur mäßiger Erfolg beschieden war.

Im Jahre 1766 wurde schließlich mit den Bauarbeiten begonnen, begünstigt durch Nutzungsüberlassung von Steinbrüchen seitens der Braunschweiger Herzöge und Verkauf von Baumaterialien der Altbebauung bzw. deren Wiederverwendung.

So entstand nach vierjähriger Bauzeit eine einfache massive Saalkirche mit West-Ost-Ausrichtung von knapp 35 m Länge und gut 15 m Breite, nach Westen in der Höhe des Pfeilers vor der heutigen Vierung gerade geschlossen mit abgeschrägten Ecken. Im Osten befand sich der eingebaute quadratische Turm mit starken Pfeilern in der Außenwand und im Inneren. Die Kirche besaß eine gewölbte, verputzte Holzdecke, die auf Wandpfeilern ruhte. Die einteiligen hellen Fenster waren mit Rundbögen versehen und größer als heute (2001). Sie wurden im Zuge der Erweiterung 1897 verkleinert. Das noch bis heute unveränderte Barockportal an der Ostseite ist flachbogig, mit Verdachung und Pfeilereinfassung.

Die Größe und Gestalt der damaligen Kirche läßt sich noch heute recht gut am Bestand ablesen.

Dieses Gotteshaus leistete der Kirchengemeinde weit über 100 Jahre lang gute Dienste und genügte ihren Ansprüchen, bis im späten 19. Jahrhundert ein deutliches Anwachsen der Mitglieder der Pfarrei zu verzeichnen war und die Kirche somit zu klein wurde. Der Kirchenraum war bei seiner geringen Höhe von 12 m im Sommer wegen der schlechten Luft kaum noch zu benutzen, daher war eine Vergrößerung der Kirche unbedingt geboten.

Die St. Nikolai-Kirche zu Höxter wurde 1766 als Barockkirche erbaut. Ihre Ursprünge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück.

1895 wurde der Gelsenkirchener Architekt Lambert Freiherr von Fisenne mit dem Erweiterungsbau beauftragt. Da die Kirche mit ihrer flachgewölbten Decke und geringen Höhe einen gedrückten Eindruck machte, mußte man, sollte sie nun doppelt so lang werden, auch ihre Höhe vergrößern, um das harmonische Verhältnis zu wahren. Man dachte daran, das Kirchenschiff mit einem einzigen Gewölbe zu überspannen. Da dann aber die Außenmauern hätten verstärkt werden müssen, was die Kosten erheblich erhöht hätte, wurden Säulenstellungen vorgesehen, so dass die Kirche dreischiffig wurde.

Das Mittelschiff wurde um 4,00 m erhöht – es ist nun 16 m hoch – und der Schlußstein des Gewölbes 1,5 m in das Dach hineingezogen.

Mit dem Soester Baumeister Caspar Plaßmann wurde am 24. Juni 1896 der Bauvertrag abgeschlossen und tags darauf mit der Ausschachtung begonnen. Nach Vollendung des Erweiterungsbaues wurde dieser im Juli 1897 in Benutzung genommen. Sodann wurde der alte Teil gewölbt und fertiggestellt. Zum Ausbau des neuen Teiles wurde das gleiche Material benutzt wie in der alten Kirche: Bruchsteine mit äußerem Verputz. Die Gewölbe wurden aus Schwemmsteinen hergestellt.

Der Altarbereich der St. Nikolai-Kirche wurde in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts durch die bekannten Künstler Johannes und Paul Nagel neu gestaltet.

Nach diesen umfassenden Umbau- und Erweiterungsarbeiten präsentierte sich die Kirche St. Nikolai in einer neuromanischen Gestaltung und Größe, die auch heute (2001) trotz mehrerer erfolgter Renovierungen im 20. Jahrhundert noch immer erkennbar sind.

In der letzten Renovierungsphase (1992 – 1998) wurde unter anderem der Altarbereich einschließlich seiner Ausstattung neu gestaltet. Dies oblag den bekannten Künstlern Johannes und Paul Nagel.

Reichsabtei Corvey

Die Idee eines „Corvey” nimmt ihren Anfang im Jahre 799 beim Treffen Karls des Großen mit Papst Leo III. in Paderborn. Nach der Befriedung der Sachsen wünschte sich Karl am Ostrand seines Reiches eine klösterliche Bastion zur Festigung der Macht und des Glaubens. Karl starb 814 und sein Sohn Ludwig der Fromme gründete 815 jenes Kloster, aus dem im Jahre 822/823 das heutige Corvey hervorgehen sollte. Welche Bedeutung man der Neugründung beimaß, zeigen verschiedene Faktoren. Eines der mächtigsten Klöster im Reich, das nordfranzösische Kloster Corbie, wurde Mutterkloster und der Kaiser selbst beteiligte sich mit zahlreichen Stiftungen an der wirtschaftlichen und kulturellen Ausstattung des „neuen Corbie”. Entscheidend für die europäische Bedeutung und Wirkung Corveys waren die „geistlichen” und „geistigen” Stiftungen.

Der Kaiser stiftete u. a. aus seiner Privatkapelle in Paris eine Reliquie des heiligen Stephanus und aus seiner Bibliothek in Paris und aus der Klosterbibliothek in Corbie die bedeutende Grundausstattung für die Corveyer Klosterbibliothek. Nicht weniger symbolkräftig war im Jahr 836 die Überführung der Gebeine des heiligen Veit (Vitus) aus der Grabeskirche der französischen Könige in St. Denis bei Paris nach Corvey. Darüber hinaus verfügte er für Corvey die Einrichtung eines Skriptoriums und einer Schule für den jungen sächsischen Adel. Für Europa einmalig werden sollte die Tradition der Pflege antiker Schriftsteller. Die wohl berühmteste Corveyer Handschrift war der Tacitus-Codex, um 900 in Corvey entstanden.

Einer der bedeutendsten Männer dieser Zeit war der heilige Ansgar, der Apostel des Nordens. Er war Leiter der Corveyer Klosterschule und unternahm ab 830 erste Missionsreisen in den Norden. Wichtig war auch der Mönch Widuking von Corvey, der um 967 in Corvey die Geschichte der Sachsen verfaßte.

Der Grundriß des heutigen Schlosses Corvey geht auf die Gründungsphase der Benediktinerabtei Corvey im 9. Jahrhundert zurück. Es handelt sich – in Anlehnung an ein römisches Kastell – um ein großes Quadrat im Sinne der karolingischen Renovatio. In der Mitte dieses Quadrates befindet sich auch heute noch die Abteikirche. Foto: Detlef Wittig

Bereits nach der Jahrtausendwende zeigten sich erste Auflösungserscheinungen der hohen Kultur. Im Jahre 1146 wird Wibald von Stablo Abt von Corvey – gleichzeitig Abt von Stablo, Abt von Montecassino und Kanzler des Reiches. Wibald war der letzte bedeutende Abt des ausgehenden Mittelalters, der das Kloster noch einmal zu erheblicher Blüte führte. In seiner Regierungszeit fällt der letzte Kaiserbesuch in Corvey. 1148 besucht Konrad III. die Abtei und verleiht ihr den Titel „Reichsabtei”. Die nachfolgenden Äbte von Corvey verdienen eher das Prädikat „Haudegen” und „Raubritter” und der Herbst des Mittelalters war in Corvey dunkel und trübe. Das Dunkel dauerte in Corvey besonders lang. Wiederholt kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Zerstörung des Klosters, der völlige Niedergang des klösterlichen Lebens und die Plünderung der berühmten Bibliothek gehen auf den 30jährigen Krieg zurück.

Immer wieder erinnerte man sich der großen geistigen Tradition der Reichsabtei Corvey, die zu einer kulturellen Ausblutung von Außen führte. So verursachen Unachtsamkeit und Vergessen in erheblichem Maße den Verlust der einst so großen Tradition. Den Traditionsverlust und das Vergessen wollte sich 1648 der Paderborner Fürstbischof zunutze machen, indem er Corvey in seinen Sprengel einverleiben wollte. Es war Christoph Bernhard von Galen, der sich als Administrator von Corvey einsetzte und Corvey zu neuer Blüte verhalf. Europäische Politik bedrohte Corvey erneut als das fast menschenleere Stift 1794 durch den Kaiser aufgelöst werden sollte. Der Fürstabt verstand es, die Auflösung durch die Umwandlung in ein Fürstbistum zu umgehen. Auch diese Zeit endet und Corvey wird 1803 als geistliches Stift aufgehoben.

Der Kreuzgang wurde um 1700 ganz im Sinne der „Renaissance der Gotik im westfälischen Barock“ errichtet. Er diente dem Konvent als liturgischer Raum und zusammen mit dem Friedgarten als Begräbnisstätte. An der Westwand befindet sich ein Triumphkreuz aus dem 12. Jahrhundert, das einzige erhaltene Stück aus der mittelalterlichen Klosterkirche.

In den darauffolgenden 30 Jahren kommt Corvey im Mächtespiel der neuen Staaten und Herren nicht zur Ruhe. Erst nach dem fünfmaligem Herrschaftswechsel – darunter keine geringeren als Preußen, Nassau-Oranien, Frankreich und Hessen – findet Corvey 1840 seine endgültige „Befriedung” durch das Fürstliche Haus Ratibor und Corvey.

Dieses Fürstliche Haus Ratibor und Corvey ist bis heute (2001) Eigentümer von (Schloß) Corvey.

Der heilige Vitus (Veit)

Der heilige Knabe Veit oder Vitus gehört zu den rührendsten Gestalten der frühen christlichen Märtyrer. Ganz besonders im 13. und 14. Jahrhundert verehrt, wurde er unter die 14 Nothelfer eingereiht. In dieser Zeit, nämlich 1355, wurden seine Gebeine durch Kaiser Karl IV. nach Prag gebracht, wo sich über ihnen der berühmte Sankt-Veits-Dom erhebt. Dort gibt es eine schöne Büste des hl. Märtyrers. Viele Altäre und Kapellen sind dem hl. Veit geweiht, unzählige Orte nach ihm benannt. Acht Tafelgemälde aus der Schule Michael Wohlgemuts in Klagenfurt schildern die Legende des Heiligen, auch Altdorfer hat ähnliche Bilder geschaffen. Der hl. Veit ist ein wunderbarer Fürsprecher und Helfer in vielerlei Nöten und Anliegen. Er hat eine große Zahl von Patronaten, so wird er vor allem angerufen beim sogenannten Veitstanz, eine Art von Epilepsie, Tollwut, Schlangenbiß, Aufregung, Bettnässen, Feuersgefahr, Unwetter. Er ist Schutzpatron der Apotheker, Kupferschmiede, Tänzer und Schauspieler, der Jugend, der Haustiere, von Böhmen, Prag, Sachsen und Sizilien.

Gemälde des hl. Vitus, auch Veit genannt (frühes 19. Jahrhundert), St. Nikolai-Kirche Höxter. Dargestellt ist der hl. Vitus mit einem Adler, der auf einem Buch sitzt, und einem Löwen, der ihm den Fuß leckt.

Dargestellt wird er mit einem Kessel siedenden Pechs, in dem er steht, oder einen kleinen Topf in der Hand, Löwen zu seinen Füßen, einen Hund an der Leine führend, auch mit Buch, auf dem ein Adler sitzt und mit Märtyrerpalme.

Das Leben dieses heiligen Knaben ist rein legendär. Es enthält indessen viele wunderbare Begebenheiten, die ihrem inneren Gehalt nach über die Jahrhunderte hin ihre Wahrheit erwiesen. Gestorben sein soll er um 304. Gedacht wird des hl. Vitus am 15. Juni.

Nun zur Legende:

Der Knabe Veit oder Vitus stammte nach der Legende aus Sizilien, von heidnischen Eltern, die seine Erziehung der Amme Crescentia und deren Mann Modestus übergaben. Diese waren beide Christen und befestigten die Liebe zum Herrn tief im Herzen des Kindes. Als der Vater das erfuhr, wollte er seinen Sohn auf alle Weise zwingen, seinen Sinn zu ändern. Doch gelang es ihm nicht. Das Kind hing fest und stark an dem einzigen Gott. Je mehr es bestürmt wurde, den heidnischen Göttern zu opfern, je fester hielt es an Christus den Herrn. Auch Schmeicheleien und Versprechungen fruchteten nichts. Da übergab der grausame Vater seinen Sohn dem Vogt Valerian, der sollte ihn schlagen, damit er gefügig würde. Doch als die Knechte ihre Peitschen hoben, wurden ihre Arme alsbald gelähmt. Als sie dies beklagten, sprach das Kind: „Geht zu euren Göttern und bittet sie, dass sie euch helfen mögen.” Da fragten sie ihn, ob er das nicht könne. Hierauf sprach der Knabe: „Wenn ihr glauben wollt an Jesus Christus, den einzigen Gott, so werdet ihr durch Ihn heil werden.” Und er betete für sie, und sie wurden gesund. Dann sperrte man Vitus in sein Zimmer ein, das man zuvor mit allerlei Spielen und Kurzweil gefüllt hatte, um ihn zu verlocken. Sein Vater beobachtete ihn durch einen Spalt, wurde aber geblendet von dem Glanz eines hellen Lichtes, das zwei Engel verbreiteten, die bei dem Knaben standen. Es brannte in seinen Augen wie Feuer, und er wurde blind. Trotzdem trachtete der Verblendete danach, wie er sein Kind töten könne.

Indessen erschien dem Modestus ein Engel und befahl ihm, Vitus wegzuführen in ein fremdes Land. Und alle drei – mit ihnen war Crescentia – flohen nach Lukanien. Dort predigte der Knabe von Christus vor den Menschen und wirkte manches Wunder. Ein Adler brachte ihnen täglich Brot als Speise. Zu der Zeit geschah es, dass des Kaisers Sohn in Rom von der Besessenheit befallen wurde, und man meinte, ein böser Geist wohne in ihm. Niemand aber konnte ihn heilen. Als nun der Kaiser von den Wundern hörte, die der junge Veit in Lukanien vollbrachte, ließ er nach ihm forschen und ihn herbeibringen, damit er seinen Sohn heilt. Der Kaiser fragte ihn: „Mein liebes Kind, vermagst du wohl meinen Sohn gesund zu machen?” Da antwortete Vitus: „Nicht ich kann dies, aber mein Herr vermag es ganz sicherlich.” Damit legte er die Hand auf den Besessenen, und alsbald fuhr der böse Geist aus. Doch obgleich der Knabe dem Kaiser hiermit Gutes getan, war Undank sein Lohn. Denn man verlangte sogleich von ihm, dass er seinem Glauben abschwören und die Heidengötter anbeten sollte. Aber ebenso standhaft wie seinem Vater gegenüber blieb der Knabe im Angesicht des Kaisers von Rom. Darum wurde er mit Modestus, seinem Lehrer, zusammen in den Kerker geworfen und mit Eisenketten gefesselt.

Doch in der Nacht fielen die Ketten von ihnen ab, und das Gefängnis war von einem hellen Licht erleuchtet. Das wurde dem Kaiser gemeldet. Der ließ sie nun beide in einem Kessel mit siedendem Pech werfen, damit sie darin verbrennen möchten. Doch wunderbarerweise entstiegen sie dem glühenden Gefäß, ganz ohne Schaden genommen zu haben, worüber sich alle sehr verwunderten. Nun ließ der Kaiser, den es ärgerte, dass er dem schwachen Kinde nicht beizukommen vermochte, den hl. Veit den Löwen vorwerfen, die sollten ihn zerreißen. Als aber der Knabe in den Zwinger kam, legten die Löwen sich nieder, leckten ihm die Füße und taten ihm nichts zuleide. Zuletzt wurde Veit mitsamt seinem Lehrer Modestus und seiner Amme Crescentia, die ihm überall hin gefolgt war, auf die Folter gespannt. In der gleichen Stunde erhob sich ein fruchtbares Unwetter, die Erde erbebte, die Donner rollten und die Tempel der Götter fielen in Stücke. Das Volk aber, das gekommen war, um der Folter zuzuschauen, zerstob angstvoll in alle Richtungen, und auch der Kaiser floh von hinnen und rief: „ Weh mir, ein Kind hat mich überwunden!” Die Märtyrer wurden von einem Engel befreit, der sie an das Ufer eines lieblichen Flusses führte, wo sie ausruhten und beteten. Ihre Seelen aber kehrten heim zu Gott. Ihr Martyrium geschah zur Zeit des Kaisers Diokletian, der 284 zur Herrschaft kam.

Eine kleine Geschichte zum Schluss:

Herr Pfarrdechant Graefenstein erzählte mir bei meinem letzten Besuch im Jahre 2001 zum Gemälde des hl. Vitus (frühes 19. Jahrhundert) folgende Geschichte:

„Im Rahmen der umfänglichen Außen- und Innenrenovierungsarbeiten in den Jahren 1987 bis 1990 wurde auch der Schutt unter der Dachschräge der Dechanei in einem daneben stehenden Abfallcontainer entsorgt. In diesem Schutt, der bei dem Alterungsprozeß der Söllingsteine entsteht, lag ein Gegenstand, der das Aussehen eines zusammengefalteten Kohlesackes hatte. Auch dieses Teil landete zusammen mit dem Schutt in dem Abfallcontainer. Am folgendem Sonntag, ein regnerischer Nachmittag, klingelte es an meiner Tür. Die Besucher fragten an, ob sie das Bild, das auf dem Abfallcontainer liege, mitnehmen dürften. Ich war sehr überrascht, dass ein Bild in dem Container liegen sollte. Wir nahmen das „Bild” (es war der Kohlesack) und trugen es in den Vorraum der Dechanei. Dort entfalteten wir es auf dem Boden (das Bild war nach innen gefaltet). Wir erkannten, dass es tatsächlich ein Bild war, auf dem noch so eben ein Löwe und ein Adler, Tiere mit den der Heilige St. Vitus dargestellt wird, zu erkennen waren.

Wir entschlossen uns, das Bild dort zum Trocknen liegen zu lassen. Danach brachte ich es zur Firma Ochsenfahrt in Paderborn, wo es aufwändig renoviert und gerahmt wurde. Dort wurde das Bild wieder so zum Leben erweckt, wie ich es mir nicht hätte vorstellen können.”

Literaturverzeichnis